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Reptilien und Amphibien

Gruppe von Reptilien und Ambhibin als Alkoholpräparate, Foto: Carola Radke / MfN

Die herpetologische Sammlung umfasst ca. 160.000 Amphibien und Reptilien, von denen die ältesten über 280 Jahre alt sind. Sie verteilt sich auf 1.400 Knochen-, Skelett- und Trockenpräparate, ca. 155.000 in Alkohol konservierte Tiere, sowie Gewebeproben und Rufaufnahmen von Fröschen. Weiterhin umfasst die Sammlung ca. 5.000 Fotos diverser Exemplare (hauptsächlich Typen) und Micro-CT-Scans von über 1.000 Arten.

Während der historische Teil der Sammlung (Mitte 18. Jh. bis vor dem zweiten Weltkrieg) Material aus der ganzen Welt umfasst, liegt der derzeitige Sammlungs- und Forschungsschwerpunkt u.a. auf den Amphibien Afrikas.

Neueres Sammlungsmaterial umfasst neben den Tieren in aller Regel auch genaue georeferenzierte Fundortangaben, Gewebeproben für genetische Analysen, Farbaufnahmen der lebenden Tiere und Aufnahmen der Rufe von fischen im Tierstimmenarchiv des Museums.

Geschichte

Die ältesten Bestände bilden die Sammlungen von Friedrich H. von Borcke (1704-1747), Markus E. Bloch (1723-1799) und Peters S. Pallas (1741-1811) aus dem 18. Jh. Besonders wichtig für die berliner herpetologische Sammlung sind die von Friedrich W. Hemprich (1796-1825) und Christian G. Ehrenberg (1795-1876) aus Nordost Afrika und Sinai, die von Friedrich Sellow (1789-1831) und Ignaz von Olfers (1793-1871) aus Brasilien und Uruguay sowie die von Wilhelm C. H. Peters (1815-1883) aus Mosambik gesammelten Exemplare.

Im Laufe des 19. und 20. Jh. wurden wichtige Sammlungsteile von bedeutenden Sammlern und Forschungsreisenden aus der ganzen Welt beigesteuert.

Highlights

Innerhalb Europas steht die herpetologische Sammlung des Museums für Naturkunde an 3. Stelle und kann weltweit zu den bedeutendsten 10 Sammlungen gezählt werden. Die Typus-Exemplare (ca. 2.600 Individuen) von ca. 1.900 Artbeschreibungen machen die Sammlung international zu einer der bedeutendsten Anlaufstellen für taxonomisch/systematische Arbeiten. Als fast einmalig unter den großen Forschungsmuseen ist die Verknüpfung der Sammlung mit Daten der historischen Arbeitsstelle zu bezeichnen, welches die Recherche von Daten und Zuordnung zu bislang nicht individualisierten Sammlungsinformationen ermöglicht.

Eine der spektakulärsten Neuentdeckungen aus der herpetologischen Sammlung: die Säbelzahnfrösche

Meist ist über die Biologie und die Verwandtschaftsverhältnisse tropischer Arten wenig oder nichts bekannt. Die Wissenschaftler des Museums für Naturkunde Michael Barej und Mark-Oliver Rödel wollten die Verwandtschaft einer Gruppe von Fröschen aufklären, die sich auf schnellfließende afrikanische Regenwaldbäche und Wasserfälle spezialisiert haben. Zu ihrem großen Erstaunen erwiesen sich die Frösche Westafrikas als mit den zentral- und ostafrikanischen Arten nicht näher verwandt. Diese Entdeckung war ein wissenschaftlicher „Sechser im Lotto“ (mit Zusatzzahl). Die Wissenschaftler konnten zeigen, dass sich die westafrikanischen Stromschnellenfrösche bereits in der Kreidezeit, also zu Zeiten der Dinosaurier, von anderen Froschgruppen abgespalten haben müssen. Der wissenschaftliche Name der neuen Froschfamilie, die Odontobatrachidae, verweist auf eine unerwartete anatomische Besonderheit: völlig froschuntypische, lange, spitze und nach hinten gebogene Zähne im Oberkiefer und massive Fangzähne im Unterkiefer. Wofür die Frösche diese Zähne brauchen ist noch unklar, eventuell jagen und fressen sie andere Frösche.

Bild entfernt.

Ein Felsenpython aus der berühmten naturkundlichen Sammlung von Albertus Seba

Dieses Präparat einer Riesenschlange, Phyton sebae, dessen Bauch und Magen geöffnet wurden, so dass Kopf und Schnabel eines Vogels sichtbar sind, ist ein Exemplar aus dem im 18. Jh. wohl berühmtesten Naturalienkabinett des Holländers Albertus Seba (1665-1736). Nach den Studien von Aaron Bauer von der Villanova University (USA) und Rainer Günther (MfN, Berlin) konnten in einer geschenkten Sendung an das Museum von 1817 verschiedene Amphibien- und Reptilien-Präparate von Seba identifiziert werden. Insgesamt gehen 23 Individuen von 21 Taxa des Museum für Naturkunde Berlin auf Sebas zweite Kollektion zurück. Viele von ihnen haben Typenstatus. Das Präparat von Python sebae ist nun zumindest als das älteste herpetologische Material in der Sammlung anzusehen und geht mindestens auf das Jahr 1734 zurück. Außerdem gewinnt die Berliner Sammlung eine neue historische Bedeutung dadurch, dass sie die wohl größte Zahl herpetologischer Objekte besitzt, die von Seba stammen. Die Entdeckung dieses Materials eröffnet die Möglichkeit für weitere Untersuchungen sowohl der Taxonomie der Arten, deren Typen wiedergefunden wurden, als auch der Geschichte der Museumssammlungen des 18. und frühen 19. Jh.

Mehr in unserer Pressemitteilung.

Präparat einer Riesenschlange (Phyton sebae), Foto: Frank Tillack / MfN

Forschung

Der größte Teil der Forschung an unserer Sammlung dreht sich um die Taxonomie und Stammesgeschichte verschiedener Amphibien- und Reptiliengruppen. Weiter wird die Sammlung aber auch häufig zur Aufklärung der Evolution verschiedener morphologischer und anatomischer Merkmale, sowie zu biogeographischen Fragestellungen, sowohl von Zoologen, als auch von Paläontologen genutzt. Aktuell etablieren wir neue Methoden um die Sammlung auch zunehmend für ökologische Fragestellungen zu erschließen. Ein ganz aktuelles Thema beschäftigt sich beispielsweise mit der Veränderung von Merkmalen heimischer Frösche im urbanen Bereich. Aktuell ist die Arbeitsgruppe des derzeitigen Kurators, Mark-Oliver Rödel, in Afrika und Madagaskar tätig.

Der Zugang zur Sammlung ist nur nach vorheriger Absprache mit dem Kurator oder sammlungsbetreuenden Mitarbeiter möglich.

Ausführliche Informationen zum Nimba-Projekt finden Sie hier.

Digitalisierung

Die Erfassung der Sammlungsdaten erfolgt fortschreitend. Einzelne taxonomische Gruppen sind bereits vollständig erfasst und können beim Kurator und / oder dem sammlungsbetreuenden Mitarbeiter angefragt werden.

Bibliothek

Zu der Sammlung gehört eine der umfassendsten Herpetologie-Bibliotheken mit ca. 1100 Einzelbänden, etwas 100 Rara-Bänden, 30 herpetologischen Periodika sowie ca. 200.000 Sonderdrucken.