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Meeresfrüchte in der Wüste Utahs

Biodiversitätsmuster, Paläoökologie und funktionelle Diversität des "Great Ordovician Biodiversification Event" in der Basin and Range Provinz, USA

Die „Basin-and-Range“-Provinz im Südwesten der USA ist unter Fossiliensammlern bekannt. Im Bundesstaat Utah gibt es regelrechte Ausgrabungsparks: 50 US-Dollar für drei Stunden Fossiliensuche, gefundene Andenken inklusive. In den maschinell aufgeschlossenen Gesteinsabfolgen findet man schnell Hunderte Fossilien. Richard Hofmann, Paläontologe vom Museum für Naturkunde Berlin, beschreitet für sein Projekt aber lieber weniger ausgetretene Pfade.

Hofmann erforscht das sogenannte „Great Ordovician Biodiversification Event“ (GOBE), eine sprunghafte Zunahme der Artenvielfalt unter Meereslebewesen wie Schalentieren und Gliederfüßern am Anfang des Ordoviziums. In dieser Phase des Erdaltertums von vor etwa 490 Millionen Jahren bis vor etwa 450 Millionen Jahren bedeckte ein flaches Schelfmeer den Südwesten des heutigen Nordamerikas. Eine rund 1000 Meter mächtige Abfolge aus  Sedimentgesteinen zeugt mit ihren zahlreichen Fossilien von der ökologischen Entwicklung unterschiedlicher Meereslebensräume. In den zerklüfteten Hügelketten und Tälern Utahs sind die Ablagerungen aus verschiedenen Zeitabschnitten gut zugänglich.

Artenboom im Meer

„Ich will herausfinden, was damals in den Ökosystemen passiert ist, warum sich die Artenvielfalt im Meer verdreifacht bis vervierfacht hat“, sagt Hofmann. Faktoren, die die Artenbildung vorangetrieben haben könnten, sind Verschiebungen der Kontinentalplatten, die neue Lebensräume entstehen ließen, oder auch klimatische Veränderungen.

Hofmann ist mit seiner Arbeit einem anderen Phänomen auf der Spur. Konkurrenz, etwa um Futterquellen, ist als zwischenartlicher Einfluss auf die Evolution schwieriger nachzuweisen als die Auswirkungen von Umweltveränderungen, die oftmals an den Ablagerungen ablesbar sind. Aber ihr Wirken wird erkennbar, wenn man mehrere Ökosysteme vergleicht. Im Meer sind das etwa Gezeitenzonen, Flussdeltas, Riffe, oder tiefer gelegener Meeresboden.

Wenn Tiere innerhalb eines solchen Lebensraums die gleichen Futterquellen nutzen, wie etwa unterschiedliche Muschelarten, die Nahrung aus dem Meerwasser filtrieren, dann würden mit der Zeit einige Arten dem Konkurrenzdruck weichen. Die Artengemeinschaften benachbarter Ökosysteme entwickeln sich dadurch auseinander. Ausgehend von der vergleichsweise einförmigen Meeresfauna zu Beginn des Ordoviziums würde ihre Unterschiedlichkeit stärker zunehmen als die Artenvielfalt innerhalb der Ökosysteme.

Ortskundige Fossilienscouts

Hofmann überprüft seine Hypothese zur Konkurrenz als Vielfalt-stiftendem Faktor anhand Hunderter Fossilien, die er bei seinen Ausgrabungen in der Wüste Utahs findet. Die Ablagerungen aus dem Erdzeitalter sind deutlich geschichtet und man kann sich durch eine fast ununterbrochene Zeitgeschichte des Ordoviziums graben.

Unterstützung erhält er von zwei einheimischen und ortskundigen Naturkundlern: Kevin Bylund und Jim Jenks. Seit fast zehn Jahren arbeitet er mit ihnen zusammen und hat viele gute Hinweise auf ergiebige Fundstellen aufnehmen können. Ein Sofa steht für den deutschen Paläontologen und seine Besuche auch zur Verfügung, wenn er nicht in der Wüste campiert.

Finanzierung

Deutsche Forschungsgemeinschaft - DFG