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Wettrüsten und Grabenkriege zwischen Wirt und Parasit

Von 1845 bis 1935 führte die Hudson’s Bay Company im Gebiet des heutigen Kanada Buch über die jährlich von Jägern angelieferten Felle von Luchsen und Schneeschuhhasen. Die Zahlen schwankten im Rhythmus von ungefähr 10 Jahren. Das Auf und Ab der Luchspopulation folgte zeitversetzt dem der Schneeschuhasen. Zwar wirkten hier auch die Pelzjäger auf die Bestände, die periodischen Schwankungen der Zahlen wurden jedoch Lehrbuchbeispiel für die so genannten Lotka-Volterra-Regeln der Populationsdynamik in Räuber-Beute-Beziehungen.

Forschende vom Museum für Naturkunde Berlin haben untersucht, ob diese Regeln auf Populationsgrößen und die Häufigkeit genetischer Varianten in Wirt- und Parasit-Populationen wirken.

Vielzahl und Vielfalt

„Wir wollen prüfen, ob wir die Spuren der Oszillation von Populationsgrößen auch im Genom, in der genetischen Vielfalt der Populationen wiederfinden“, sagt Projektleiter Wolfgang Stephan. Gemeinsam mit Kollegen an der Technischen Universität München entwickelte er ein mathematisches Verfahren für die Untersuchung der genetischen Variabilität von Populationen, die solche Schwankungen durchlaufen.
Zwischen Populationsgröße und genetischer Vielfalt besteht ein einfacher Zusammenhang: in einer größeren Population sind mehr genetische Varianten vorhanden als in einer kleineren. Erholt sich eine Population erst von einem Tiefstand, ist dies im Genom aber noch zu erkennen. Die Vielfalt ist eingeschränkt. Populationswachstum hinterlässt dann wiederum seine Spuren: als Zunahme so genannter Singletons. Das sind genetische Varianten, die in einer Stichprobe nur jeweils einmal vorkommen. Die Anzahl der Singletons nimmt mit der Populationsgröße zu und ab.

Für geringe Schwankungen bei Wirt und Parasit ziehen die Forschenden den Vergleich zu einem Grabenkrieg. Die Gegner stehen sich gegenüber, ohne dass einer die Oberhand gewinnen und die Populationsverhältnisse stärker verschieben kann. Das andere Extrem, im Vergleich ein Wettrüsten, sind starke Schwankungen. Hier setzt sich in fast der ganzen Population einer Seite eine besonders erfolgreiche Variante durch. Die Population wächst bis auf der Gegenseite eine Antwort gefunden wird und die Verhältnisse beginnen sich umzukehren.

Die Forschenden wollen nun wilde Tomaten untersuchen, die von einem Pilz befallen werden können. Ziel ist herauszufinden, welche Gene für die Auseinandersetzung zwischen Wirt und Parasit wichtig sind. Daraus könnten etwa Schlussfolgerungen für die Züchtung widerstandsfähiger Sorten gezogen werden.

Projekttitel

Wirt-Parasit-Koevolution zwischen Wettrüsten und Grabenkrieg: der Einfluss variabler Populationsgröße

Laufzeit

01.12.2015 - 30.11.2018

Kooperationspartner

Technische Universität München

Finanzierung

Deutsche Forschungsgemeinschaft - DFG