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Der Seeigel Echinocorys als Modellorganismus zur Untersuchung von fossilen Parasit/Wirt-Systemen

Die meisten heute lebenden Parasiten sind klein und besitzen keine mineralisierten Hartteile. Daraus könnte man ableiten, dass es schwierig wäre, Wirt/Parasit-Beziehungen anhand von Fossilien über geologische Zeiträume hinweg zu untersuchen. Diese Annahme ist jedoch unzutreffend, denn im Fossilbericht gibt es eine große Vielfalt von Spuren parasitischer Aktivität sowie von Parasiten verursachte Gewebereaktionen, welche mitunter an den Skeletten der Wirtsorganismen erhalten sind.

Das Studium dieser Spuren kann dazu beitragen, wichtige Fragen zur Evolution parasitischer Lebensweise zu beantworten. Welche Organismen werden als Wirte bevorzugt? Bei welchen Gruppen tritt Parasitismus auf? Hat sich die parasitische Lebensweise innerhalb bestimmter Gruppen mehrfach entwickelt? Welche Anpassungen an die parasitische Lebensweises können beobachtet werden? Lassen sich Prozesse der Koevolution zwischen Wirten und ihren Parasiten beobachten?

Eine Organismengruppe, an der sich viele dieser interessanten Fragen besonders gut und beispielhaft untersuchen lassen, sind die Stachelhäuter (Echinodermen). Sie haben ein mineralisiertes Innenskelett aus Kalzit, welches sehr gut fossil erhalten bleibt und daher sowohl Spuren von Parasiten als auch die von ihnen verursachten Gewebereaktionen hervorragend dokumentiert. Die Seeigelgattung Echinocorys ist als Modellorganismus besonders gut geeignet. Sie war sowohl langlebig (ca. 40 Millionen Jahre), beinahe weltweit verbreitet, kam in einer Vielzahl von Habitaten vor, ist als Fossil meist sehr gut erhalten und oftmals so individuenreich, dass sich quantitative Aussagen zum Vorkommen von Parasiten anhand des in vielen Sammlungen reichlich vorhandenen Materials machen lassen. Es stellt sich heraus, dass eine Vielzahl unterschiedlicher Organismen mit Echinocorys in symbiotischer Gemeinschaft lebte. In einem ersten Schritt wurden anhand zahlreicher Fallbeispiele die Diversität dieser Parasiten und ihre unterschiedlichen Strategien der Ressourcenausbeutung untersucht. Als Nächstes sollen dynamische Prozesse innerhalb dieser Wirt/Parasit-Systeme (Koevolution, Phylogeographie) untersucht werden. Besonders spannend ist, dass der Wirtsorganismus Echinocorys das Massenaussterben an der Kreide/Paläogen-Grenze überlebte. Doch welche Auswirkungen hatte dieses Massenaussterbeereignis auf seine Parasiten? 

Abb. 1: Die Schnecke Thyca callista (Familie Eulimidae) parasitiert an Seesternen. Links die Schnecke, rechts ihre am Wirt verursachte Spur (rezent, Philippinen). 

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