Direkt zum Inhalt

Fossile Fische und Amphibien

Blick in die Sammlung der fossilen Wirbeltiere, darunter auch Fische und Amphibien. Diese Sammlung des Museums für Naturkunde Berlin umfasst alle Großgruppen sowie eine histologische Schliffsammlung.

Die Sammlung umfasst alle Großgruppen von Fischen und Amphibien aus Paläozoikum, Mesozoikum und Känozoikum sowie eine dazugehörige, histologische Schliffsammlung. Ca. 5.000 Exemplare von Ohrsteinchen (Otolithe) von Fischen sind als Spezialsammlung zusätzlich erfasst.

Die Sammlung fossiler Fische ist mit ca. 25.000 Objekten nach den Säugetieren die zweitgrößte fossile Wirbeltiersammlung des Museums. Durch ihren Umfang und Beschaffenheit widerfährt der Teilsammlung fossiler Fische ein besonderes wissenschaftliches Interesse, was zu einer hohen, internationalen Bedeutung führt. Die Sammlung der Amphibien ist mit 1.500 Objekten deutlich kleiner, aber durch das Vorhandensein vieler Typen und Originale sowie fossiler Wachstumsserien, bei denen die Entwicklung von der Larve zum erwachsenen Tier nachverfolgt werden kann, für die Forschung nicht weniger interessant. Unter den Sammlungsobjekten befinden sich insgesamt ca. 750 Typen und mehr als 1.600 Originale.

Historisch bedingt, sind viele Funde aus Mitteleuropa in der Sammlung. Insbesondere im deutschen Raum, beispielsweise Solnhofen – Oberjura, Odernheim – Unterperm oder Bad Wildungen – Oberdevon, wurden viele Sammlungsobjekte gefunden. Weitere Schwerpunkte bilden das Baltikum und Schottland mit zahlreichen, devonischen Fundstücken. Einige Sammlungsteile stammen aus unterschiedlichsten Teilen der Welt, z.B. aus der kanadischen Arktis – Devon, USA und Tschechien – Oberkarbon, Libanon und Brasilien – Unterkreide.

Digitalisierung

Die Sammlung ist nahezu vollständig datenbanklich erfasst. Eine Ausnahme bilden die Otolithe, welche lediglich in Sammlungskatalogen verzeichnet sind. Die Daten sind intern zugänglich und können auf Anfrage von den Verantwortlichen der Sammlung bereitgestellt werden.

Highlights

Die Sammlung enthält weltweit eine der größten Sammlungen von Fischen aus dem schottischen Devon. Der Bestand an unterpermischen Amphibien aus dem Saar-Nahe-Becken gehört zu den größten überhaupt und enthält viele Originale und Typen von Hermann von Meyer (1801–1869) sowie bedeutende Wachstumsserien, die nicht nur für paläontologische, sondern auch für entwicklungsbiologische Studien relevant sind.

Fossile Fische

Panderichthys rhombolepis

Dieser Fisch aus der Gruppe der Fleischflosser (Sarcopterygii) ist aus dem oberen Devon des Baltikums und Russlands bekannt. Er ist ein enger Verwandter der vierfüßigen Landwirbeltiere (Tetrapoda) und besitzt zahlreiche Merkmale, die sonst nur bei Tetrapoden gefunden werden. Daher ist Panderichthys einer der bedeutendsten fossilen Fische zum Verständnis des Landgangs der Wirbeltiere im oberen Devon. Das Museum für Naturkunde besitzt den Holotyp von Panderichtys, der aus einem sehr gut erhaltenen rechten Unterkieferast besteht. Gefunden wurde dieses Stück im Jahr 1928 am Ufer des Flusses Aa bei Ehrman in Lettland von dem baltendeutschen Paläontologen Walter R. Gross (1903-1974), der es der Berliner Sammlung zuführte.

Panderichthys rhombolepis aus der Sammlung des Museums für Naturkunde Berlin

Xiphactinus audax

Dieser bis zu 6 Meter lange Raubfisch gehört zu den Teleostei („Knochenfische im engeren Sinn“) innerhalb der Strahlenflosser (Actinopterygii). Xiphactinus ist aus der späten Kreidezeit von Nordamerika bekannt und ist durch sein oberständiges Maul und seine großen, spitzen Zähne charakterisiert. Er war ein Bewohner des offenen Meeres, wobei sein kräftiger, torpedoförmiger Körperbau und die große, halbmondförmige Schwanzflosse auf einen schnellen Schwimmer hinweisen. Durch Mageninhalte wissen wir, dass Xiphactinus auch sehr große Beutefische verschlucken konnte. Er wird daher nicht zu Unrecht auch als „Tyrannosaurus rex der Meere“ bezeichnet. Das Exemplar im Museum für Naturkunde ist ein außergewöhnlich gut erhaltener Schädel mit Teilen des Vorderrumpfes aus Lane County, Kansas, USA und wurde im Jahr 2009 käuflich erworben.

Xiphactinus audax war ein bis zu 6 Meter langer Raubfisch und gehört zu den Teleostei („Knochenfische im engeren Sinn“) innerhalb der Strahlenflosser (Actinopterygii). Museum für Naturkunde Berlin

Furcacauda heintzae

Kieferlose Fische (Agnathen) waren die ersten Fische der Erdgeschichte und im Erdaltertum (Paläozoikum) sehr häufig, während heutzutage von ihnen nur noch die Neunaugen und Schleimaale existieren. Furcacauda ist ein kieferloser Fisch aus der Gruppe der Thelodonten, von denen meist nur winzige, isolierte Schuppen gefunden werden. Das Museum für Naturkunde besitzt ein außergewöhnlich vollständiges Exemplar von Furcacauda, das von dem früheren Direktor des Museums, Hans-Peter Schultze, im Jahr 1998 in unterdevonischen Ablagerungen der Mackenzie Mountains in Kanada gefunden wurde. Deutlich zu sehen ist die namengebende gegabelte Schwanzflosse sowie eine Reihe von runden Kiemenöffnungen hinter dem Auge.

Fossil von Furcacauda heintzae in der Sammlung des Museums für Naturkunde Berlin

Fossile Amphibien

St. Louis Tetrapode

Bei diesem unbenannten Exemplar handelt es sich um den Abdruck des Gaumens eines kleinen Schädels, der in unterkarbonischen Kalksteinen bei St. Louis, Missouri (USA) gefunden wurde. Das Stück wurde dem Museum für Naturkunde Anfang des 20. Jahrhunderts von dem Greifswalder Paläontologen Otto M. J. Jaekel (1863-1929) als Schädel eines Quastenflossers übergeben. Im Jahr 2012 konnte ein internationales Forscherteam jedoch zeigen, dass es sich dabei nicht um den Schädel eines Fisches, sondern eines Tetrapoden handelt, der zur Familie der Colosteiden gehört. Colosteiden sind frühe Stammgruppenvertreter der Tetrapoden und atmeten noch wie Fische über Kiemen. Das Berliner Exemplar ist das älteste Fossil eines Tetrapoden aus den USA nach dem Devon.
 

Bild entfernt.

Parotosuchus helgolandicus

Von dieser Amphibienart existiert neben einzelnen Rippenfragmenten nur ein Schädel, der im Jahr 1910 am Predigtstuhl an der Westküste Helgolands in untertriassischen Buntsandstein gefunden wurde. Parotosuchus gehört zu den Riesenamphibien der Triaszeit, den sogenannten Stereospondylen, die äußerlich an Krokodile erinnern und mehrere Meter Körperlänge erreichen konnten. Dieser Schädel ist nicht nur sehr dekorativ, sondern auch von hoher wissenschaftlicher Bedeutung. Dank der ungewöhnlich vollständigen und dreidimensionalen Erhaltung des Schädels konnten Wissenschaftler die Kopfmuskulatur dieses Riesenamphibs rekonstruieren und eine biomechanische Studie zur Verteilung der Kräfte, die bei der Nahrungsaufnahme auf den Schädel einwirkten, durchführen.

Bild entfernt.

Micromelerpeton credneri

Diese kleine Amphibienart aus unterpermischen See-Sedimenten von Rheinland-Pfalz verblieb meist im Larvenstadium und atmete über äußere Kiemen. Das vorliegende Exemplar wurde bei Odernheim von Ernst Edinger gefunden und im Jahr 1998 innerhalb einer größeren Sammlung vom Museum für Naturkunde käuflich erworben. Genaue Untersuchungen dieses Exemplars ergaben, dass sowohl an den Vorder- als auch Hinterbeinen Fehlbildungen vorhanden sind, die als fehgeschlagene Regeneration gedeutet werden können. Damit wurde gezeigt, dass bereits frühe Tetrapoden das Potenzial zur Regeneration ihrer Beine besaßen, was bei heutigen Tetrapoden nur noch den Salamandern und Molchen möglich ist.

Fossil von Micromelerpeton credneri in der Sammlung des Museum für Naturkunde Berlin

Forschung

Die Sammlungen fossiler Amphibien ist mit der Sammlung fossiler Fische in besonderer Weise geeignet, den Landgang der Wirbeltiere in der Evolution zu dokumentieren. Auch in der Sammlung befinden sich bedeutende, paläozoische Kieferlose (Agnathen), die zur Erforschung der Entstehung von Kieferzähnen wichtig sind. Die histologische Schliffsammlung repräsentiert die Entstehung eines innovativen speziellen Fachgebietes: der Paläohistologie. Sie ermöglicht Anwendungen zu evolutionsbiologischen und physiologischen Fragestellungen, ist aber auch für medizinisch-pathologische Untersuchungen (Paläopathologie) von großer Bedeutung.

Das Material aus dieser Sammlung kann direkt im Sammlungsraum bearbeitet werden, denn es sind temporäre Arbeitsplätze in unmittelbarer Nähe bzw. direkt in der Sammlung vorhanden. Die Objekte sind meist makroskopisch untersuchbar, und es können Binokulare auf Wunsch mit Zeichenspiegel oder Fotoaufsatz bereitgestellt werden. Zur Untersuchung der Dünnschliffe stehen Polarisationsmikroskope zur Verfügung. Schliffe werden auch heute noch von verschiedenen Objekten der Vertebratenpaläontologie angefertigt. Oft erfolgt die Probennahme dazu hier am Haus, die Schliffe selbst werden dann hier hergestellt oder in der anderen Institution gefertigt.

Geschichte

Die Sammlung der Otolithen wird auf Grundlage der Sammlungen von Koken (Eozän der USA und Oligozän – Pliozän in Deutschland) und Heinrich (Obermiozän in Deutschland) gebildet. Bedeutend sind die Typen und Originale von Walter R. Gross und Hermann von Meyer.