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MEMIN-Teilprojekt: Stoßwellenprozesse im Mikromaßstab in Sandstein

Flugplatten und Probencontainer überstehen die Versuche nicht unbeschadet. Foto: EMI

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Einschläge kosmischer Projektile auf der Erde erzeugen in den Gesteinen charakteristische Stoßwelleneffekte, die genutzt werden können, um den Einschlag zu verifizieren und eine Druckbestimmung im beaufschlagten Gestein durchzuführen. Besonders typische Effekte zeigt das Mineral Quarz, das in der obersten Kruste der Erde häufig vorkommt.

Ralf Thomas Schmitt vom Museum für Naturkunde Berlin hat bei dem von Wolf Uwe Reimold geleiteten Teilprojekt des Forschungsprogramms MEMIN (für engl.: Multidisciplinary Experimental and Modeling Impact Research Network) mitgearbeitet. In diesem wurde die Stoßwellenmetamorphose von Sandstein durch Sprengstoffexperimente am Ernst-Mach-Institut untersucht. In diesem Experimentaufbau wird im Kleinen nachgestellt, was beim Einschlag eines außerirdischen Körpers auf die oberste Kruste der Erde passiert. Der Versuchsaufbau, genauer: die „Stoßwellenrückgewinnungsanordnung“, lieferte Vergleichsmaterial für die Einordnung von natürlich schockdeformierten Gesteinen.

In nicht-porösen Quarz-reichen Gesteinen wie etwa Granit entstehen bei Einschlägen ab ca. 10 GPa sogenannte planare Deformationselemente. Das sind amorphe Defekte der Kristallstruktur der Quarzkörner. Beim Einschlag größerer Körper bilden sich aus Quarz dann ab ca. 35 GPa sogenannte diaplektische Gläser und teilweise auch Coesit, eine so genannte Hochdruckmodifikation von Quarz. Unter noch höheren Drücken ab ca. 55-60 GPa bei großen Einschlagskörpern schmilzt der Quarz und es bildet sich ein Schmelzglas.

In porösen Quarz-reichen Gesteinen, z.B. Sandstein, treten die typischen planaren Deformationselemente insbesondere bei kleinen Einschlägen aber kaum auf. „Daher war es ein Problem, kleine Einschlagskrater, wie sie etwa in der Sahara zu finden sind, sicher zu identifizieren“, sagt Schmitt. Als „klein“ gelten dabei Krater mit weniger als zwei Kilometer Durchmesser.

Die Untersuchung der Sandsteinproben aus den insgesamt 20 Einschlagsexperimenten lieferte wichtige Daten zur Einordnung der Spuren im Gestein. Im Projekt wurden etwa 25 Mikrometer starke Dünnschliffe des deformierten Probenmaterials erstellt und mit Licht- und Elektronenmikroskopen sowie einem Raman-Spektrometer strukturell charakterisiert.

Die Auswertung hat die Erwartungen der Forschenden weitgehend bestätigt. Wie die Kenntnisse der Spuren an natürlichen Kratern vermuten ließen, wurden auch in den Experimenten die typischen planaren Deformationseffekte kaum beobachtet. Der Stoßwellendruck verteilt sich sehr ungleichmäßig innerhalb des Gesteins, was schon bei vergleichsweise niedrigen Drücken dazu führt, dass poröse Quarzgesteine teilweise schmelzen. Die Laborergebnisse helfen dabei, Einschlagskrater auf der Erde identifizieren und eine Druckabschätzung ihrer Gesteine vornehmen zu können.

Ganz besonders interessant war, dass in schon in mit niedrigem Stoßwellendruck beanspruchtem Sandstein sporadisch das Hochdruckmineral Stishovit entdeckt wurde. Transmissionselektronenmikroskopie spielte bei dieser Entdeckung eine wichtige Rolle und hat wesentlich zum Verständnis der Bildung dieses Hochdruckminerals in Impaktgesteinen beigetragen.

Projekttitel:

MEMIN I, TP VII: Niedrigdruck-Stoßwellenmetamorphose von Quarz in porösen und nassen sedimentären Gesteinen

Laufzeit: 01.07.2011 – 31.10.2016

Finanzierung : Deutsche Forschungsgemeinschaft - DFG

Projektwebseite: http://www.memin.de/

    Publikationen und Konferenzbeiträge:

    • Kowitz, A., Güldemeister, N., Reimold, W. U., Schmitt, R. T. and Wünnemann, K. 2013. Diaplectic quartz glass and SiO2 melt experimentally generated at only 5 GPa shock pressure in porous sandstone: Laboratory observations and meso-scale numerical modeling. Earth and Planetary Science 384, 17-26.
    • Kowitz, A., Schmitt, R. T., Reimold, W. U. and Hornemann, U. 2013. The first MEMIN shock recovery experiments at low shock pressure (5-12.5 GPa) with dry, porous sandstone. Meteoritics and Planetary Science 48, 99-114.
    • Buhl, E., Kowitz, A., Elbeshausen, D., Sommer, F., Dresen, G., Poelchau, M. H., Reimold, W. U., Schmitt, R. T. and Kenkmann, T. 2013 Particle size distribution and strain rate attenuation in hypervelocity impact and shock recovery experiments. Journal of Structural Geology 56, 20-33.
    • Kowitz, A., Güldemeister, N., Schmitt, R. T., Reimold, W. U., Wünnemann, K. and Holzwarth, A. 2016. Revision of existing shock classifications for quartzose rocks using low shock pressure recovery experiments (2.5-20 GPa) and meso-scale numerical modeling. Meteoritics and Planetary Science, 51(10), 1741-1761.
    • Kowitz, A. 2016. Microdeformation in quartz experimentally shocked at low shock pressures – the effect of porosity and water saturation. Dr. rer. nat. thesis, Freie Universität Berlin, 191 p.
    • Mansfeld, U., Langenhorst, F., Ebert, M., Kowitz, A. and Schmitt, R. T. 2017. Microscopic evidence of stishovite generated in low-pressure shock experiments on porous sandstone: constrains on its genesis. Meteoritics and Planetary Science 52(7), 1449-1464.
    • Ebert, M., Kowitz, A., Schmitt, R. T., Reimold, W. U., Mansfeld, U. and Langenhorst, F. 2018. Localized shock induced melting of sandstone at low impact pressures (<17.5 GPa): An experimental study. Meteoritics and Planetary Science 53(8), 1633-1643.