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Tierstimmenarchiv

Blick in das Tierstimmenarchiv

Das Tierstimmenarchiv des Museums für Naturkunde Berlin ist weltweit eine der ältesten und umfangreichsten Sammlungen von Tierstimmen. Es umfasst ca. 120.000 Tonaufnahmen von 1.800 Vogelarten, 580 Säugetierarten und zahlreiche Fisch-, Amphibien-, Reptilien- und Insektenarten. Ein Drittel der Aufnahmen wurde im Freiland erstellt, zwei Drittel in Zoologischen Gärten oder unter experimentellen Bedingungen. Die Freilandaufzeichnungen stammen vorrangig aus Mittel- und Osteuropa. Inzwischen sind alle Kontinente mit Originalaufnahmen vertreten.

Die Sammlung wächst ständig; nicht zuletzt auch dank der Unterstützung von begeisterten Tierstimmensammlern, die bereitwillig ihre Aufnahmen zur Verfügung stellen. Wesentliche Schwerpunkte der Arbeit des Tierstimmenarchivs sind die Erschließung der Sammlung für wissenschaftliche Zwecke als auch für Interessierte, sowie die dauerhafte Konservierung in digitaler Form und Erschließung der Bestände mittels einer frei zugänglichen Datenbank. Für Bildungszwecke wurden Teile der Sammlung in Form eines Schülerportals aufbereitet.

Sammlungserschließung

Einen erheblichen Teil der Sammlung bilden die bis in die 90er Jahre überwiegend mit Magnettonbandtechnik aufgezeichneten Tierstimmen. Diese wurden im Interesse der Konservierung mit einer Auflösung von 96 kHz und 24 bit digitalisiert. Das Tierstimmenarchiv ist jetzt eine komplett digitale Sammlung Neuere Aufnahmen werden ausschließlich im digitalen Format erstellt. Der Zugang zu den Aufnahmen erfolgt über die Datenbank des Tierstimmenarchivs. Mehr als 40.000 Tondokumente werden auf diesem Weg bereit gestellt.

Geschichte

Das Aufzeichnen von Tierstimmen hat in Berlin eine lange Tradition. Bereits in den 1930er Jahren erschienen die ersten Schallplatten mit Vogelstimmen - Oskar Heinroths (1871-1945) und Ludwig K. Kochs (1881-1974) "Gefiederte Meistersänger - Das erste tönende Lehr- und Hilfsbuch zur Beobachtung und Bestimmung der heimischen Vogelwelt".

Der Grundstein für das Tierstimmenarchiv wurde 1951 von Günter Tembrock (1918-2011) gelegt. Anliegen der Sammlung war es die Lautäußerungen als eine von vielne Formen des Verhaltens der Tiere zu dokumentieren. Dabei standen zunächst die im Institut gehaltenen Rotfüchse im Mittelpunkt bioakustischer Untersuchungen. Von Januar 1952 bis April 1966 wurde die akustische Kommunikation der Füchse auf 345 Bändern mit einer Gesamtspielzeit von über 20 Stunden dokumentiert.

Mitte der 1950er Jahre wurden verstärkt die Tierbestände der beiden Berliner tiergärtnerischen Einrichtungen in die bioakustischen Untersuchungen einbezogen. Die hier erstellten Aufnahmen bildeten in nicht unerheblichem Maße die Grundlage für Tembrocks Übersichtsarbeit zum akustischen Verhalten von Säugetieren, erschienen in dem 1963 herausgegebenen Sammelband "Acoustic behaviour of animals".

Mit der Entwicklung transportabler Aufnahmegeräte wurden ab 1960 auch Aufzeichnungen im Freiland möglich. Diese bildeten die Basis für die 1967 im VEB Deutsche Schallplatte, Eterna, erschienenen "Waldvögel", der ersten Platte der Serie "Stimmen der Vögel Mitteleuropas" von Günter Tembrock und Michael Schubert. Die Serie war fortan für zahlreiche Laienornithologen ein unentbehrliches Hilfsmittel.

Während zunächst Freilandaufnahmen aus dem Berliner und Brandenburger Raum dominierten, kamen später auch Aufnahmen aus entlegeneren Regionen hinzu. Hier seien die von Dieter Wallschläger im Rahmen von ornithologischen Exkursionen in der Mongolei (1979 und 1983) erstellten Aufzeichnungen sowie die Aufnahmen von Ulrich Lundberg im Rahmen der Antarktisexpedition (1981/82) erwähnt.

Seit der Angliederung an das Museum für Naturkunde Berlin im Jahre 1995 wird die Sammlung ständig erweitert. Neben Tonaufzeichnungen im Rahmen laufender Forschungsprojekte sind Neuzugänge durch Übernahme kompletter Tierstimmensammlungen zu verzeichnen. So verwaltet das Tierstimmenarchiv den kompletten bioakustischen Nachlass von Klaus Conrads, Erwin Tretzel und Gerhardt Thielcke.

Forschung

Aktuelle Forschungsvorhaben am Tierstimmenarchiv sind auf Fragen eines bioakustischen Monitorings fokussiert. Die Fortschritte auf dem Gebiet der digitalen Signalverarbeitung und Mustererkennung in den letzten Jahren lassen eine Anwendung von automatisierten Verfahren zur zuverlässigen akustischen Erkennung von Tierstimmen in greifbare Nähe rücken. Grundlage dafür ist eine Referenzdatenbank von Tierstimmen mit sauberen Tonaufzeichnungen.

Neben der Nutzung am Museum für Naturkunde werden die Aufnahmen des Tierstimmenarchivs weltweit von Wissenschaftlern für Forschungsprojekte eingesetzt. Für Wissenschaftliche Anfragen steht der der wissenschaftliche Leiter des Tierstimmenarchivs, Dr. rer. nat. Karl-Heinz Frommolt, gerne zur Verfügung.