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Chinesischer Schwertstör: Ein Berliner Zoologe beschrieb ihn zuerst

Chinesischer Schwertstör und Generaldirektor Johannes Vogel in der Nasssammlung

"Psephurus gladius (v. Martens, 1862), "Chinesischer Schwertstör", ZMB 11002, 1.190 mm Totallänge, Ning-po-fu am Unterlauf des Jün-ho, Internationale Fischereiausstellung Berlin, 1880“ – so lautet der kurze Steckbrief eines der wertvollsten Exemplare in der Sammlung des Museums für Naturkunde Berlin.

Im Zuge der Preußischen Ostasienexpedition (1859–1861) hat Eduard von Martens, ein später weithin bekannter Berliner Zoologe, diesen merkwürdigen Fisch am 3. März 1861 "im Hause eines Chinesischen Fischhändlers zu Woosung" erstmals für die westliche Wissenschaft entdeckt und in seiner Beschreibung die nahe Verwandtschaft zum Amerikanischen Gegenstück, dem Löffelstör Polyodon spathula aus dem Mississippi, erkannt.

Der Chinesische Schwertstör fraß, soweit bekannt, gern größere Fische – nicht Plankton und kleine Krebse wie sein amerikanischer Verwandter. Sein schmalerer Stirnfortsatz war dicht mit elektrischen Sinnesorganen angefüllt, die bei der Beutesuche im trüben Wasser halfen. Wie eine Balancierstange verhinderte die lange "Nase" der Löffelstöre außerdem einen Purzelbaum durch den plötzlich veränderten Wasserwiderstand an der Kopfunterseite, wenn er das Maul öffnete. 200 Millionen Jahre können die Ursprünge dieser bis sieben Meter langen Knochenfische zurückverfolgt werden. Dann kam der Mensch – und mit ihm sein Appetit auf Kaviar.

Nasspräparat eines Chinesischen Schwertstörs

Im Jahre 2010, als der Ostflügel des Museums mit den wertvollen Nass-Sammlungen als Forschungsinfrastruktur eröffnet wurde, galt der Chinesische Schwerstör als fast unrettbar. Obwohl zu dieser Zeit in China geschützt, erging es diesem eindrucksvollen Fisch nicht anders als seinen europäischen und amerikanischen Verwandten. Intensive Fischerei, Gewässerverschmutzung und Wanderhindernisse – wie weitere Staudammbauten, die die Laichgründe bei Yibin am Oberlauf abgeschnitten – setzten ihm massiv zu.

Das letzte Exemplar des Chinesischen Schwerstörs, so das Wissenschaftsmagazin Science, starb zwischen 2005 und 2010. Seit 2020 gelten diese Lebewesen offiziell als ausgestorben. Für jeden sichtbar ist das seltene Exemplar in der Nass-Sammlung im Ostflügel des Museums für alle Zeiten als Mahnung und Forschungsobjekt konserviert; es muss mehr getan werden – für die Vielfalt der Natur.

Dieser Text ist Teil der Aktion "Vielfalt erhalten!" zum Weltnaturgipfel 2022 in Montreal.

Text: Dr. Gesine Steiner
Fotos: Hwa Ja Götz, J. Kramer