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Nimba-Projekt

Projektbeschreibung

Die Nimbaberge sind ein kleiner Gebirgszug in der westafrikanischen Grenzregion zwischen Guinea, der Elfenbeinküste und Liberia. Sie setzen sich aus einer Vielzahl von Lebensräumen zusammen und vereinen immergrüne, bewaldete Tiefebenen mit hochgelegenen Graslandschaften. Die bekannte Herpetofauna in der Region ist eine der artenreichsten in ganz Westafrika. Wegen seiner hohen Biodiversität und vieler endemisch vorkommender Tier- und Pflanzenarten wurde ein Großteil der Nimbaberge in Guinea und der Elfeinbeinküste 1981/1982 zum Weltkulturerbe erklärt.

Das Hauptziel dieses Projektes ist es die wissenschaftliche Grundlage für einen schlagkräftigen Managementplan zu liefern und damit die sehr große Diversität der Nimbaberge zu schützen. Dies wollen wir erreichen indem wir zum einen die Frösche und Kröten Vorkommen jährlich überwachen, zum anderen die wichtigsten Umweltparameter für deren Verbreitung, Vorkommen und Fortbestehen erkennen und bestimmen. Damit können wir wissenschaftlich fundierte Vorschläge für den effektiven Schutz entwickeln. Unsere Forschungsschwerpunkte sind zum einen die lebendgebärende (vivipare) Nimbakröte und die Amphibiengemeinschaften an Bergflüssen in den Wäldern. Die Nimbakröte ist (eu-) vivipar, kommt ausschließlich in der Hochlandsavanne der Nimbaberge vor und ihr Lebens- und Reproduktionszyklus ist sehr eng mit dem saisonalen Klima verknüpft. Die Amphibiengemeinschaften sind sehr artenreich und bestehen aus vielen gefährdeten Arten. Es wird angenommen, dass die meisten dieser Arten sehr sensibel auf Umweltveränderungen reagieren. In dem wir die Schlüsselparameter für die derzeitige Herpetofauna feststellen und uns dafür einsetzen, dass diese in der Zukunft gleichbleibend bestehen, kann dieser sehr große Artenreichtum der Amphibien, und wahrscheinlich auch andere Tier- und Pflanzenarten, geschützt werden.

Das Nimbarojekt nahm seinen Anfang 2007 an der Universität Würzburg und ist seit 2008 am Museum für Naturkunde angesiedelt. Es wird finanziell durch die Société de Mines de Fer Guinée (SMFG) gefördert.

Lebendgebärende Nimbakröte

Die lebendgebärende Nimbakröte (Nimbaphrynoides occidentalis) ist eine kleine, unscheinbare Kröte die exklusiv in er Hochlandsavanne der Nimbaberge vorkommt. Sie hat eine sehr kleine und lückenhafte Verbreitung von weniger als 4 km². Von der IUCN wird die Kröte als vom Aussterben bedroht und von der UNESCO das Weltnaturerbe Nimbaberge als gefährdet gelistet. Die außergewöhnlichste Eigenschaft der Kröte ist aber ohne jeden Zweifel ihre Reproduktion. Mütter ernähren ihre Jungen im Mutterleib durch Sekretionen des Eileiters während einer Tragzeit von neun Monaten, an dessen Ende voll entwickelte Jungtiere geboren werden. Es gibt keine andere Frosch- oder Krötenart mit einer vergleichbaren Fortpflanzungstrategie. Das macht die Nimbakröte einzigartig!

Die Hauptziele dieses Nimbakrötenprojekts sind nicht an die Krötenfortpflanzung gebunden sondern befassen sich mit ökologischen Fragestellungen. Wir wollen feststellen welche Schlüsselumweltparameter die Krötenverbreitung und Krötenhäufigkeit und deren zeitlichen Veränderungen bestimmen, und welche Faktoren für die Populationsstruktur der Kröte wichtig sind. Die Ergebnisse dieser Analysen erlauben es uns schlagkräftige Schutzmaßnahmen für diese einzigartige Kröte vorzuschlagen.

Laura Sandberger-Loua hat in diesem Nimbakrötenprojekt ihre Doktorarbeit angefertigt.

Nimbakrötenverbreitung

Um die Verbreitung einer Art feststellen zu können, muss die Taxonomie bekannt sein. Wir haben die Liberianische Nimbakröte, die als eigene Art beschrieben worden war,  wieder entdeckt, den taxonomischen Status untersucht und betrachten sie als eine Unterart der Guineischen/Ivorischen Nimbakröte.

Das Vorkommen der Liberianischen Nimbakröte eingeschlossen, ist die Nimbakröte nur in 4 km² Hochlandsavanne in einer Höhe von über 1200 m und in drei kleinen, verstreuten Gebieten zu finden, die alle mindestens 5 km voneinander entfernt sind. Vergleiche mit historischen Daten legen nahe, dass die Verbreitung und die Häufigkeit in der Vergangenheit größer waren. Wir nutzten Modelle (GLM, GAM, zero-inflation models) um die Faktoren zu bestimmen die den größten Einfluss auf die untere Höhenverbreitungsgrenze (Wetter) und die verstreute Verbreitung (Geologie) der Kröte haben.

Nimbakröten Häufigkeiten

Die Anzahl an Kröten die an der Oberfläche vorkommen, verändert sich im Laufe der Jahreszeiten. Sie sind während der Regenzeit an der Oberfläche und während der Trockenzeit unter der Erde zu finden. Die Krötenanzahlen während der Regenzeit können bestimmt und überwacht werden, variiert aber zwischen unterschiedlichen Jahren. Um die Umweltparameter zu identifizieren die einen Einfluss auf die Krötenhäufigkeiten haben (z.B. Feuer während der Trockenzeit, menschliche Einflüsse), bestimmen wir seit 2008 jährlich die Krötenhäufigkeiten in festgelegten Untersuchungsflächen (monitoring).

Populationsstruktur der Nimbakröte

Die Populationsstruktur einer Art ist stark davon abhängig wie viele Migranten sich in der neuen Population etablieren und erfolgreich fortpflanzen können. Anhand einer populationsgenetischen Studie untersuchen wir wie durchlässig die Gebiete und wie groß die Differenzierung zwischen den Populationen ist.

Ein anderer wichtiger Faktor der Populationsstruktur ist die Anzahl der reproduzierenden Individuen innerhalb einer Population (effektive Populationsgröße) und die Paarungsstrategie. Daher haben wir die Anzahl der beteiligten Väter an einem Krötenwurf untersucht. Wir fanden anhand dieser Daten und Verhaltensbeobachtungen heraus, dass Weibchenwahl vor der Paarung und Belästigung von Weibchen durch Männchen die Hauptverantwortlichen für die recht geringe Anzahl an Würfen mit mehr als einem Vater sind.

Amphibiengemeinschaften

Waldarten reagieren häufig sensibler auf Umweltveränderungen als (Tiefland-) Savannenarten, die häufig eine weite Verbreitung innerhalb Westafrikas aufweisen. Waldamphibienarten können sich an  Tümpeln, Flüssen, Baumhöhlen oder wasserunabhängig fortpflanzen. Uferbewohnende Arten sind häufig auf Flüsse mit guter Wasserqualität und/oder auf Gebiete mit bestimmten Eigenschaften (schnell oder langsam fließende, felsige oder schlammige Abschnitte) beschränkt. Unterschiedliche Arten reagieren verschieden sensible auf unterschiedliche Umwelteigenschaften und deren Abweichungen vom Artenoptimum. Daher sollte die Zusammensetzung von Amphibiengemeinschaften zumindest zum Teil von den Umweltgegebenheiten und deren Qualität bestimmt werden. Da generell Waldarten und solche deren Vorkommen an Flüsse gebunden ist, sensibler auf Umweltveränderungen reagieren, sollten Habitatveränderungen in den Amphibiengemeinschaften die im Wald entlang von Flüssen vorkommen, als erstes feststellbar sein. Daher bestimmen wir jährlich die Artzusammensetzung und Individuenanzahlen entlang ausgewählter Flussabschnitte in den Wäldern der Nimbaberge. Damit wollen wir die Abhängigkeit einzelner Arten von bestimmen Umweltgegebenheiten, aber auch die unterschiedlichen Zusammensetzungen der Amphibiengemeinschaften in bestimmten Gebieten feststellen. Zusätzlich erlaubt uns diese Studie den Einfluss von Umweltveränderungen (z.B. Wasser und Habitat Qualität) auf Amphibiengemeinschaften, und die Zeitspanne ab wann die Veränderung in den Gemeinschaften wahrzunehmen sind, zu untersuchen.

Das Amphibiengemeinschaftsprojekt ist Teil der Doktorarbeit von Joseph Doumbia.

Hauptveröffentlichungen

L. Sandberger-Loua, H. Müller, M.-O. Rödel (2017) A review of the reproductive biology of the only known matrotrophic viviparous anuran, the West African Nimba toad, Nimbaphrynoides occidentalis. Zoosystematics and Evolution 93 (1): 105–133

Sandberger-Loua, L., H. Feldhaar, R. Jehle and M.-O. Rödel (2016) Multiple paternity in a viviparous toad with internal fertilisation. Science of Nature: 103:51.

L. Sandberger-Loua, J. Doumbia, M.-O. Rödel (2016) Conserving the unique to save the diverse – Identifying key environmental determinants for the persistence of the viviparous Nimba toad in a West African World Heritage Site. Biological Conservation 198:15–21

L. Sandberger, J. Doumbia, A. Hillers & M.-O. Rödel (2011) Life-bearing toads on a misty mountain. Froglog 97:18.

L. Sandberger, A. Hillers, J. Doumbia, N.-S. Loua, C. Brede & M.-O. Rödel (2010) Rediscovery of the Liberian Nimba toad, Nimbaphrynoides liberiensis (Xavier 1978) (Amphibia: Anura: Bufonidae), and reassessment of its taxonomic status. Zootaxa 2355: 56 -68.

Publikationen mit Daten aus diesem Projekt

M. F. Barej, A. Schmitz, J. Penner, J. Doumbia, L. Sandberger-Loua, M. Hirschfeld1, C. Brede, M. Emmrich, N. G. Kouamé, A. Hillers, N. L. Gonwouo, J. Nopper, P. J. Adeba, M. A. Bangoura, C. Gage, G. Anderson, M.-O. Rödel (2015) Life in the spray zone – overlooked diversity in West African torrent-frogs (Anura, Odontobatrachidae, Odontobatrachus). Zoosystematics and Evolution: 91(2): 115-149. DOI 10.3897/zse.91.5127

M.F. Barej, A. Schmitz, J. Penner,M.-O. Rödel (2015) Multiple genetic lineages challenge the monospecific status of the West African endemic frog family Odontobatrachidae. BMC Evolutionary Biology 15:67, DOI 10.1186/s12862-015-0346-9

J. Penner, G. B. Adum, M. T. McElroy, Th. Doherty-Bone, M. Hirschfeld, L. Sandberger, C. Weldon, A. A. Cunningham, T. Ohst, E. Wombwell, D. M. Portik, D. Reid, A. Hillers, C. Ofori-Boateng, W. Oduro, J. Plötner, A. Ohler, A. D. Leaché, M.-O. Rödel (2013) West Africa - A Safe Haven for Frogs? A Sub-Continental Assessment of the Chytrid Fungus (Batrachochytrium dendrobatidis). PLoS ONE 8(2): e56236. doi:10.1371/journal.pone.0056236