Direkt zum Inhalt

Nähe trotz Distanz: Sozialforschung trifft Technologie

NuForm: Nähe trotz Distanz - 360°Führung

Im Januar 2021 hat das Museum für Naturkunde Berlin gemeinsam mit ART+COM Studios das Forschungsprojekt NuForm gestartet. Zwei Jahre lang werden in dem Projekt neue Formen und Formate der Begegnungskommunikation entwickelt und erprobt, die das museale Ausstellungserlebnis nachhaltig erweitern sollen.

Hygieneanforderungen, Schließzeiten und Kontaktbeschränkungen im Kontext der Covid19-Pandemie stellen Begegnung und Kommunikation im musealen Raum vor spezielle Herausforderungen – diesen widmet sich das Vorhaben NuForm:

Anhand konkreter Fallbeispiele werden im Zuge des Projekts einzelne Faktoren und Wirkmechanismen identifiziert, die verschiedene Arten des musealen Erlebens ausmachen. Durch die Analyse dieser Komponenten können neue Formate der Wissenskommunikation abgeleitet und getestet werden, die bei temporären Einschränkungen des Museumsbetriebs funktionieren und möglicherweise darüber hinaus Innovationen im Feld der Begegnungskommunikation für Kulturinstitutionen bedeuten.

Auf theoretischer Ebene betrachten wir bereits existierende analoge Bildungs- und Kulturangebote. Davon ausgehend erforschen wir, welche Faktoren bei der Begegnungskommunikation eine entscheidende Rolle spielen und wie ähnlich oder unterschiedlich Besuchende analoge, digitale und hybride Angebote nutzen.

Auf praktischer Ebene arbeiten wir an konkreten Anwendungsszenarien, in deren Rahmen wir Konzepte und Technologien entwickeln. Diese werden als Prototypen getestet, im Museum eingesetzt und ausgewertet. Zusammenfassend nennen wir diese Arbeitspakete Show Cases. Insgesamt wurden drei Showcases entwickelt, die im Folgenden genauer vorgestellt werden.

 

Die 360°Führung: Personalisierte Besuchendenführung

Führung mit 360°Kamera im Tiergarten | Bildquelle: ART+COM

Virtuelle Führungen sind bereits etablierte Angebote von Museen, durch welche Ausstellungen als Videos oder Livestreams betrachtet werden können. Mit diesem Show Case versuchen wir insbesondere den Konzepten der Individualisierung, Bewegungsfreiheit oder Gruppendynamik, die bei analogen Führungen gegeben sind, nachzugehen. Doch durch welche technologischen Lösungen können digital-hybride Führungen ebendiese Beobachtungen ermöglichen, sodass für Teilnehmende wichtige Elemente des Führungserlebens erhalten bleiben?

Der Prototyp

Die 360°Kamera ermöglicht einen ganz besonderen Rundumblick, der von digitalen Teilnehmenden individuell gesteuert werden kann. So kann das Sichtfeld selbst bestimmt werden und die Teilnehmenden können buchstäblich auch hinter die Kamera gucken. Zu sehen ist nicht nur das, worauf die Guide-Person die Kamera richtet, sondern auch alles drum herum. Mithilfe von digitalen Markern kann zudem der Blickmittelpunkt der Teilnehmenden angezeigt werden. Einerseits können die Teilnehmenden sehen, was andere betrachten. Andererseits kann insbesondere die Guide-Person nachvollziehen, worauf die Teilnehmenden aktuell blicken. Diese Information könnte den Guides helfen, individuell und inhaltlich auf die betrachteten Objekte einzugehen bzw. die Aufmerksamkeit der Teilnehmenden (um-)zu lenken. Eine Sprachfunktion ermöglicht den Teilnehmenden miteinander und mit der Guide-Person zu interagieren, Fragen zu stellen oder zu kommentieren.

 

Der Mineralien Tanz: Verschneidung von realer und virtueller Begegnung

Mineralienroboter in Anwendung | Bildquelle: ART+COM

Der Mineraliensaal am Museum für Naturkunde Berlin ist ein denkmalgeschützter Raum. Das bedeutet, es können keine baulichen Veränderungen vorgenommen werden. Dies erschwert die gestalterische Freiheit, mit der die Mineralien ausgestellt werden können. Dementsprechend schwierig ist es, neue Besuchendengruppen für die Mineralogie zu begeistern. Aber wie können dennoch Interessen geweckt und Informationen zugänglich gemacht werden? Hiermit beschäftigt sich der Show Case.

Der Prototyp

Für diesen Show Case wurde ein hybrider Prototyp entworfen, auf den sowohl digital als auch vor Ort im Mineraliensaal zugegriffen werden kann. Mit Hilfe des händisch verschiebbaren Aufbaus können Sie vor Ort im Museum ausgewählte Mineralien näher betrachten und dazugehörige Informationen abrufen. Über ein remote System können auch digitale Besucher*innen zeitgleich den Mineralien Tanz steuern. Diese Bewegungen sind spürbar und werden durch den größeren Kreis auf dem Screen visualisiert.

 

Live Science: Erweiterung des musealen Raums

NuForm: Live Science / Video-Portal

Blicke hinter die Kulissen, offene Labore, authentisches „live“-Einsehen wissenschaftlichen Arbeitens sind Prozesse, die Besuchende faszinieren und zum Austausch anregen. Live Science hat das Potenzial zu einem neuen Besuchshighlight zu werden und bietet neue Chancen im Bereich der Wissenschaftskommunikation. Auch gesellschaftsrelevante Themen können auf diese Weise transportiert werden.

Der Prototyp

Mithilfe eines Video-Portals haben wir die Idee verfolgt, eine Brücke zwischen einem Arbeitsbereich hinter den Kulissen des Museums zur „Außenwelt“ zu bilden. WebRTC stellte hierfür eine Videoverbindung zwischen zwei Rechnern her, welche wiederum via Livestream und Monitore den Besuchsraum und die Präparationswerkstatt des Museums verband. An ausgewählten Tagen konnten auf der einen Seite die Besuchenden unseren Präparator:innen bei ihrer Arbeit zuschauen.

 

Das Projekt wird gefördert durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung.