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Kellers Insektenmodelle

Modell eines Flohs

Insekten sind die artenreichste Klasse der Tiere und machen mehr als ¾ der Artenvielfalt unserer Erde aus. Der Blick durch das Mikroskop eröffnet ihre Farbenvielfalt und ihr Formenreichtum. Das faszinierte den Präparator Alfred Keller, der von 1930 bis 1955 als wissenschaftlicher Modellbauer am Museum für Naturkunde tätig. In dieser Zeit fertigte er für das Museum eine Vielzahl einmaliger biologischer Modelle an. Einen neuen Meilenstein in der Präparationskunst setzten seine detailgetreu vergrößerten Modelle von einheimischen Insekten.

Die Herstellung der eindrucksvollen Plastiken erfordert eine Vielzahl an Arbeitsschritten. Als erstes schuf Alfred Keller Modelle aus Plastilin, einer Art Knetgummi. Von diesen fertigte er anschließend Gipskopien an, die er akribisch überarbeitete. Für das Endmodell wurden diese in Pappmaché gedoubelt. Aus den ersten Kunststoffen, Zelluloid und Galalith, stellte Keller Flügel oder Borsten her, die er am Modell montierte. Vollendet wurde das Modell mit Kolorierungen und einer partiellen Blattvergoldung. Das präzise Arbeiten war sehr zeitintensiv und konnte pro Plastik bis zu einem Jahr dauern.

Die Modelle von Alfred Keller gelten noch heute als Meisterwerke der Modellpräparation.

Stubenfliege

Das Foto zeigt das 50-fach vergrößerte Modell einer Stubenfliege von 1932.

Die Stubenfliege (Musca domestica) gehört zur Insektenordnung der Zweiflügler (Diptera). Bei den Zweiflüglern sind nur die vorderen Flügelpaare ausgebildet, ihre Hinterflügel sind zu Schwingkölbchen umgebildet. Durch vibrierende Bewegungen stabilisieren diese den Körper während des Fliegens. Hafthaare an den Füßen ermöglichen der Stubenfliege auf glatten Flächen und sogar kopfüber zu sitzen und zu laufen.

Die Fliege besitzt einen beweglichen Kopf mit zwei sehr großen Komplexaugen, zwischen welchen drei Punktaugen und kurze Fühler sitzen. Diese tragen Sinnesorgane zum Riechen und Hören sowie zum Fühlen der Luftströmungen. Der Geschmackssinn der Fliege liegt in ihren Fußsohlen. Einzigartig ist der Tupf- und Saugrüssel mit den zwei großen, polsterförmigen Saugkissen. Zur Nahrungsaufnahme wird Speichel über die lösliche Nahrung verteilt. Anschließend wird sie in verflüssigter Form zwischen den Saugkissen zur Mundöffnung geleitet.

Kornkäfer an einem Weizenkorn

Das Foto zeigt das Modell eines Kornkäfers an einem Weizenkorn in 85-facher Vergrößerung.

Der Kornkäfer (Sitophilus granarius) gehört zu der Familie der Rüsselkäfer. Sie besitzen jedoch keinen beweglichen Stech- und Saugrüssel, sondern einen rüsselähnlich verlängerten Kopf, an dessen vorderster Spitze sich beißend-kauende Mundwerkzeuge befinden. Mit ihnen bohren die Käferweibchen Getreidekörner an, legen je ein Ei hinein und verschließen das Loch mit einem Sekret. Die Larven fressen und wachsen innerhalb der Körner ein bis zwei Monate lang bis zur Verpuppung. Eine Woche danach schlüpfen die Käfer aus Puppenhülle und Korn, paaren sich und legen wieder Eier. In Getreidespeichern und Vorratslagern folgen so pro Jahr drei bis vier Generationen der flugunfähigen Käfer, die mit transportiertem Getreide weltweit verbreitet wurden.

Kartoffelkäfer mit Puppe

Das Foto zeigt einen Kartoffelkäfer im 15 - fach vergrößerten Modell.

Der Kartoffelkäfer stammt aus Nordamerika. Erst seit 1922 hat er Europa vom Hafen Bordeaux aus rasch besiedelt und bei Massenauftreten Schäden an Kartoffelkulturen verursacht. Die Weibchen heften ihre Eier in Haufen an die Unterseite der Blätter von Kartoffelpflanzen. Nach einer Woche schlüpfen daraus ziegelrote Larven. Zuerst nagen sie nur an der Blattoberfläche, später fressen sie das ganze Blatt. Nach zwei bis drei Wochen und drei Häutungen sind sie ausgewachsen und kriechen zur Verpuppung in den Boden. Wenn die Käfer nach drei bis vier Wochen geschlüpft sind, fressen auch sie zuerst Kartoffelblätter, ehe sie neue Eier produzieren können.

Buckelzikade

Das Foto zeigt eine Buckelzikade im 100-fach vergrößerten Modell, gefertigt 1953 von Alfred Keller.

Die Buckelzikade (Bocydium globulare) ist nur etwa sechs Millimeter groß und ernährt sich von Pflanzensaft. Diesen saugt die Zikade mit ihrem Stech- und Saugrüssel, ähnlich wie bei einem Strohhalm, aus dem Pflanzengewebe. Alle Buckelzikaden besitzen einen hochgewölbten Rückenschild mit einem nach hinten gerichteten Fortsatz. Noch auffälliger ist der Halsschild, der bizarr gestaltete Anhänge tragen kann. Die Funktion dieser Anhänge ist noch unklar. Man vermutet, dass sie dem Abschrecken von Fressfeinden oder der Tarnung dienen.  Die Buckelzikade besitzt die Fähigkeit, bei Gefahr blitzschnell abzuspringen. Buckelzikaden sind besonders artenreich im tropischen Amerika verbreitet, in Europa kommen nur drei Arten vor, von welchen eine aus Amerika eingeschleppt wurde.