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Petrified Times: Energizing Past Futures

Rauch, der beim Köhlern, dem Verwandeln von Holz in Holzkohle, entsteht

Projektzeitraum: seit April 2024

Das Anthropozän stellt nicht nur das Zeitalter des Anthropos dar, es ist potenziell auch die letzte Epoche des Homo sapiens: Durch die expansive und extraktivistische kapitalistische Wirtschaftsweise wird nicht nur in beispiellosem Maße Natur zerstört, sondern auch die Lebensgrundlagen menschlicher Gesellschaften vernichtet. Das sechste Massenaussterben könnte damit auch die Spezies "Mensch" betreffen.

Im Rahmen des Netzwerk Naturwissen nähert sich die Projektgruppe "Petrified Times: Energizing Past Futures" diesem Thema aus der Perspektive der zwei zentralen Energieregime "Kohle und Atomenergie", die die Geschichte (post)industrieller Gesellschaften und des Planeten geprägt haben. Dies geschieht anhand von zwei künstlerischen Forschungsprojekten, in denen die Dimension der ästhetischen Erfahrung eingesetzt wird, um unsichtbare, komplexe Zusammenhänge im Ökosystem und den planetarischen Stoffkreisläufen und deren Zeitdimensionen auf eine andere Weise zu vermitteln.

Hierfür arbeiten die Künstlerinnen Ulrike Mohr und Susanne Kriemann in eher unscheinbaren Sammlungsbeständen des Museums – denen der Minerale und Gesteine sowie der Paläobotanik. Die Gesteine Kohle (in Form von Holzkohle, aber auch Steinkohle) und Uraninit (Pechblende) stehen zum einen für die industrielle Revolution und zum anderen für das Atomzeitalter. Anhand dieser Gesteine und der Rohstoffe, auf die sie verweisen (als "Steine des Anstoßes"), wird der Themenkomplex der Entwicklung des Energiebedarfs extraktivistischer und kapitalistischer Gesellschaften zugänglich. Zugleich werden damit die tiefenzeitlichen Dimensionen, die sich hinter den Energieressourcen und ihrer Nutzung in den Kulturen der Gegenwart verbergen, erfahrbar: die schier unermesslichen Zeitdimensionen hinter den Energieressourcen, die seit Beginn des Anthropozäns vor gerade einmal 70 Jahren in radikaler Geschwindigkeit verbraucht wurden. Die künstlerischen Beiträge verhandeln damit auch das Aufeinandertreffen verschiedener Zeitskalen, von menschlicher Zeit und planetarer Zeit, das ein Kernproblem für die Frage darstellt, wie sich das Anthropozän überhaupt verstehen und darstellen lässt.

Erste Zwischenergebnisse der künstlerischen Recherche werden in einem experimentellen Format in der Ausstellung des Museum für Naturkunde am 27. November 2024 zu sehen sein. Das Ziel der künstlerischen Arbeiten ist es neue Reflexionsräume zu bieten, in denen mittels ästhetischen Erfahrungen das Verhältnis von menschlicher, spezifisch westeuropäischer Positionen und Welt (als umfassendes Ökosystem), der Zusammenhang zwischen menschlichem Handeln und dem Anthropozän als historisch-geologische "Zäsur" erfahrbar gemacht werden soll. Die finalen Arbeiten sollen anschließend an verschiedenen, auch ungewöhnlichen, themenspezifischen Orten gezeigt werden.

 

Das Teilprojekt "Petrified Times: Energizing Past Futures" entstand durch die Zusammenarbeit der Netzwerkler:innen Friederike Schäfer (FU Berlin), Elisabeth Heyne (MfN Berlin) und Maike Weißpflug (Bundesamt für die Sicherheit der nuklearen Entsorgung).