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Tote Wespen fliegen länger

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Pressemitteilung,

Ausstellung vom 3.3.–29.3.2015 im Museum für Naturkunde Berlin

Die bildende Künstlerin Åsa Sonjasdotter hat gemeinsam mit der Wissenschaftssoziologin Tahani Nadim vom Museum für Naturkunde Berlin die Reisen von drei Museumsobjekten rekonstruiert und in drei künstlerische Interventionen verwandelt. ‚Ein Staubfilm‘ verbindet kosmischen Staub aus der Meteoritensammlung mit den endlosen Staubschichten des Alltagslebens. In einer Installation, die sich dem Schicksal der Sisalagave in ehemaligen deutschen Kolonien widmet, werden Teile der Mai-Sammlung präsentiert, einer Referenzsammlung von Pflanzensamen, die zur Paläobotanischen Sammlung des Museums gehört. In theatralischen Führungen in die nichtöffentliche Insektensammlung stellt Tahani Nadim die taxonomische Erschaffung von Alysson zoubeki sp. nov. dar, einer neuentdeckten Grabwespenart aus Thailand.

Im Sommer 2008 geht den Wissenschaftlern einer US-amerikanischen Biodiversitätsexpedition im Norden Thailands eine kleine Grabwespe in die Falle, wo sie im Ethanol verendet. Sie ist der Wissenschaft noch nicht bekannt und wird zwecks taxonomischer Bestimmung nach Lexington, Kentucky geschickt (14 226km). Von dort aus wird sie weiter nach Berlin in das Museum für Naturkunde geflogen, da sich dort einer der weltweit besten Grabwespenexperten befindet (7 220km). Hier steckt sie nun und erwartet ihre endgültige Beschreibung und Benennung, bevor sie sich wieder auf den Weg nach Thailand machen wird (8600km). Eine ansehnliche Strecke also für eine kleine, tote Wespe.
In dieser Ausstellung präsentieren die Wissenschaftssoziologin Tahani Nadim und die Künstlerin Åsa Sonjasdotter faktische und imaginierte Reisen und Regungen dreier Protagonisten, einschließlich der Grabwespe, aus den Sammlungen. Denn hinter der scheinbaren Ruhe der Präparate verbergen sich bewegte Geschichten und Beziehungen, die unser Verständnis von Natur und unseren Umgang mit der Welt in ein anderes Licht rücken. In drei unterschiedlichen Interventionen im Ausstellungs- und Sammlungsbereich werden die Umlaufbahnen dieser Protagonisten nachgezeichnet und erweitert, um damit einen Blick auf den regen Verkehr zwischen Räumen, Zeiten und Ordnungen zu eröffnen. Zum einen wird der Frage nachgegangen, wo Sammlungsobjekte denn herkommen und wie sie ins Museum gelangen. Zum anderen werden, dem Aufruf „to stay with the trouble“ („folge den Schwierigkeiten“) der Wissenschaftsphilosophin Donna Haraway nachgehend, kosmopolitische Problemfelder reflektiert, die sich durch diese Bewegungen eröffnen.
Die noch unbekannte Grabwespe aus dem Norden Thailands bildet die Hauptfigur theatralischer Führungen* in die nichtöffentlichen Sammlungen. In diesen Führungen erzählt Tahani Nadim über Biodiversitätserfassung, Taxonomie und wie man Wespen sehen und kennen lernt. In einem speziell für diese Ausstellung konzipierten Kurzfilm verwirbelt sich der zweite Protagonist, kosmischer Staub, mit alltäglichem Museumsstaub und macht Kontinuitäten zwischen gewöhnlichen und außerordentlichen Reinigungsarbeiten und Pflegepraktiken deutlich. Die dritte Gestalt erwächst aus der rezenten Pflanzensamensammlung von Prof. Dr. Dieter Hans Mai (1934-2013), die sich in der paläobotanischen Sammlung befindet und zum Vergleichen mit fossilen Samen genutzt wird. In einer Ausstellung wird die abenteuerliche Reise der Sisalagave (Agave sisalana), von Mexiko nach Tansania, sowie die Arbeit der botanischen Zentralstelle für die Deutschen Kolonien illustriert.
Gefördert im Programm Fellowship Internationales Museum der Kulturstiftung des Bundes.

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