Das Museum für Naturkunde Berlin und bundesweit weitere 24 Museen und Hochschulen beteiligen sich am Aufbau eines zentralen, öffentlich einsehbaren Datenrepositoriums zu Museums- und Sammlungsobjekten, die mit der Kolonialzeit in Verbindung stehen. Der zentrale Zugang soll zunächst über die Deutsche Digitale Bibliothek erfolgen.
Das Vorhaben ist Teil der sogenannten "3 Wege-Strategie zur Erfassung und digitalen Veröffentlichung von Sammlungsgut aus kolonialen Kontexten in Deutschland", die gemeinsam von der Staatsministerin für Kultur und Medien, Prof. Monika Grütters, dem Auswärtigen Amt, den Kulturminister:innen und Kultursenator:innen der Länder, sowie den Vertreter:innen der kommunalen Spitzenverbände im Oktober 2020 beschlossen worden ist. Ziel ist, größtmögliche Transparenz bei den Sammlungsobjekten aus kolonialen Kontexten zu schaffen. Dies sei "wesentliche Voraussetzung für eine umfangreiche Aufarbeitung der Herkunftsgeschichte dieser Objekte", betonte Kulturstaatsministerin Monika Grütters und für den angestrebten Dialog mit den Herkunftsgesellschaften.
Neben der Schaffung eines zentralen Zugangs zu bereits gegenwärtig digital veröffentlichtem Sammlungsgut aus kolonialen Kontexten (Weg 1) ist die digitale Grunderfassung und Veröffentlichung des noch unveröffentlichten Sammlungsgutes aus kolonialen Kontexten in einem zentralen Datenrepositorium nach einheitlichen Standards (Weg 2) geplant. Danach erfolgt die digitale Erfassung und Veröffentlichung von Sammlungsgut aus kolonialen Kontexten aufgrund gemeinsam mit Herkunftsstaaten und Herkunftsgesellschaften sowie der Diaspora in Deutschland erarbeiteter Standards (Weg 3).
Für das Pilotprojekt am Museum verantwortlich ist Dr. Jana Hoffmann: "Wir sind bestens für die Pilotphase aufgestellt und es passt thematisch exzellent zu der Verbindung von Verantwortung und der Öffnung des Museums im Rahmen des Zukunftsplanes. Wir schaffen – auch mit digitalen Mitteln – Zugang zu unserer Sammlung durch konsequente Sammlungserschließung und -entwicklung."
Das Museum für Naturkunde Berlin beschäftigt sich schon seit Jahren mit seiner historischen Verantwortung. "Es ist eine Frage der Kultur", sagt Generaldirektor Prof. Johannes Vogel, "auch ein naturwissenschaftliches Museum muss selbstreflexiv sein. Früher oder später mussten sich Organisationen wie unsere mit der Dominanz Europas auseinandersetzen, um die Diskussionen zu verstehen. Es geht um die Perspektive der Vielen, nicht bloß die der Autoritäten". Entstanden ist in jahrelanger Provenienzforschung das Buch "Dinosaurierfragmente – zur Geschichte der Tendaguru-Expedition und ihrer Objekte 1906-2018" von Dr. Ina Heumann und Kolleg:innen.
Eine Reihe von Forschungsprojekten am Museum für Naturkunde Berlin beschäftigen sich darüber hinaus mit Teilsammlungen aus kolonialen Kontexten, z.B. Fossil Heritage Tanzania, Koloniale Provenienzen der Natur. Der Ausbau der Säugetiersammlung des Museums für Naturkunde um 1900 und der Leitfaden zum Umgang mit naturkundlichen Sammlungen aus kolonialen Kontexten.
Darüber hinaus hat das Museum für Naturkunde Berlin langjährige Erfahrung und Expertise im Wissenschaftsdatenmanagement, sprich der Entwicklung von Datenstandards, dem Auf- und Ausbau von digitalen Wissensinfrastrukturen und der Anbindung von Sammlungsdaten an größere Aggregatoren wie die Deutsche Digitale Bibliothek, die Europeana, Global Biodiversity Information Facility oder die Biodiversity Heritage Library. Das neue Forschungscluster "Open Heritage – Naturkunde in globalen Kontexten. Sammlung erforschen, Zukunft gestalten" wird sich zukünftig verstärkt dem gesamten Themenkomplex widmen.
Hintergrundinformationen:
Zum Buch Dinosaurierfragmente
Zur 3 Wege-Strategie
An dem Pilotprojekt beteiligen sich Sammlungen der Universitäten Hamburg, Mainz, Göttingen, Marburg, Bayreuth und Freiburg sowie die Staatlichen Museen zu Berlin, die Charité und das Berliner Naturkundemuseum, das Linden-Museum in Stuttgart, das Museum am Rothenbaum in Hamburg, das Museum Fünf Kontinente in München sowie das Museum Wiesbaden - Hessisches Landesmuseum für Kunst und Natur, ferner das Nordfriesland Museum in Husum, die fünf Museen des Paese-Verbundprojektes in Niedersachsen, die Staatlichen Kunstsammlungen Dresden, die Staats- und Universitätsbibliothek Bremen, Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg, das Übersee Museum in Bremen und die Bonner Amerika-Sammlung.