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Kommunikation geht unter die Haut

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Ein Säbelzahnfroschmännchen (Odontobatrachus fouta), aus dem Fouta-Djallon-Hochland in Guinea, Westafrika.
Pressemitteilung,

Forschende von Museum für Naturkunde Berlin und Universität Würzburg eröffnen eine neue Dimension in unserem Verständnis über die Kommunikation bei Fröschen. Bei einer westafrikanischen Familie der Säbelzahnfrösche entdeckten sie eine bislang unbekannte große, drüsenartige Struktur entlang des Unterkiefers. In ihrer Studie beschreiben sie saisonale sowie art- und geschlechtsabhängige Unterschiede in der chemischen Zusammensetzung dieser Drüsenstränge. Chemische Zusammensetzung und anatomischer Aufbau legen nahe, dass diese Frösche die Chemikalien zur innerartlichen Kommunikation nutzen.

Frösche und Kröten kommunizieren akustisch. Das haben viele, die in Frühlingsnächten schon mal einen Teich oder Sumpf aufgesucht haben, wohl schon gehört. Es gibt jedoch immer mehr Hinweise darauf, dass zumindest einige Froscharten auch andere Formen der Kommunikation nutzen, wie zum Beispiel visuelle oder chemische Signale. 

Forschende des Museums für Naturkunde Berlin beschrieben vor einigen Jahren die Säbelzahnfrösche, eine westafrikanische Froschfamilie (Odontobatrachidae), die sich durch große Reißzähne im Unterkiefer auszeichnet. Dabei entdeckten sie auch eine bisher unbekannte drüsenartige Struktur entlang des Unterkiefers dieser Frösche. "Dieses Gewebe reichte auffallend nahe an die Reißzähne heran", erinnert sich Mark-Oliver Rödel, Leiter des Berliner Teams, "daher dachten wir zunächst, dass der drüsenartige Strang und die Zähne einen Giftapparat ähnlich dem von Schlangen bilden könnten."

Was die Forschenden dann tatsächlich herausfanden, ist nicht weniger spannend. Ihre Studie, die heute in der renommierten Fachzeitschrift Proceedings of the Royal Society B veröffentlicht wurde, untersucht Anatomie und Chemie dieser drüsenartigen Stränge. Das Team beschreibt, dass der Strang nicht mit den Zähnen verbunden ist, sondern sich unter besonders dünnen Hautpartien befindet. Die entsprechenden Stränge sind bei Männchen und Weibchen vorhanden, aber unterschiedlich stark ausgeprägt – besonders gut bei fortpflanzungsaktiven Individuen. Chemische Analysen ergaben außerdem, dass das drüsige Gewebe Stoffe produziert, die nicht als Gift geeignet sind.

Stattdessen identifizierten die Forschenden flüchtige Fettsäurederivate. "Solche Stoffe finden sich typischerweise bei Insekten, wo sie als Lockstoffe für Artgenossen dienen. Deshalb waren wir überrascht, sie bei einem Frosch zu finden", sagt Thomas Schmitt, Leiter der Würzburger Gruppe. Durch den Vergleich der chemischen Profile aller fünf Säbelzahnfroscharten identifizierten die Forschenden geschlechts- und artspezifische chemische Profile. "Beide Geschlechter jeder Art haben ihr eigenes charakteristisches chemisches Profil. Wir konnten sogar feststellen, ob ein Individuum fortpflanzungsaktiv ist oder nicht", erklärt Marvin Schäfer, Erstautor der Studie. "Wir würden ein solches Signal nicht finden, wenn es nicht eine wichtige Rolle für das Fortpflanzungsverhalten dieser Frösche spielen würde."

Normalerweise verlassen sich Frösche beim Balzen und bei der Paarung auf akustische Signale. Die Studie unterstreicht, wie wichtig auch chemische Signale sein könnten. "Die Haut von Fröschen produziert eine Fülle verschiedener chemischer Substanzen. Dass auch chemische Signalstoffe dabei sind, sollte daher nicht so sehr überraschen. Aber die Tatsache, dass diese Fähigkeit buchstäblich auch unter die Haut geht, war völlig unerwartet", sagt Schäfer. 

"Die Studie eröffnet eine völlig neue Dimension zum gegenwärtigen Verständnis der Froschkommunikation und zeigt so neue Perspektiven für das Verständnis des komplexen Sozial- und Fortpflanzungsverhalten vieler Frösche auf", schließt Rödel.

Publikation
SCHÄFER, M., D. SYDOW, M. SCHAUER, T. SCHMITT & M.-O. RÖDEL (2024): Species and sex-specific chemical composition from an internal gland-like tissue of an African frog family. – Proceedings of the Royal Society B: 20231693. doi.org/10.1098/rspb.2023.1693

Pressebilder

Ein Säbelzahnfroschmännchen (Odontobatrachus fouta), aus dem Fouta-Djallon-Hochland in Guinea, Westafrika. Odontobatrachidae wurden erst 2014 als eigenständige Familie beschrieben, im 21. Jahrhundert ein sehr seltener Vorgang. Zuvor wurden die Frösche einer zentralafrikanischen Familie zugeordnet. (c) Marvin Schäfer
Odontobatrachus an einem Wasserfall Säbelzahnfrösche leben an schnellfließenden Gewässern in den Regenwäldern Westafrikas. Chemische Signale ergänzen die Rufe bei der Kommunikation der Frösche in dieser sehr lauten Umgebung vermuten die Forschenden. (c) Marvin Schäfer
Computertomografische Aufnahme eines Säbelzahnfroschschädels Die Familie Odontobatrachidae ist nach den Fangzähnen im Unterkiefer benannt. Ursprünglich glaubten die Forschenden, die Drüse stehe mit den Zähnen in Verbindung, dies war der Ausgangspunkt für die jetzt veröffentlichen Entdeckungen. (c) Museum für Naturkunde Berlin

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