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Beinlos durch den Untergrund

Die Handwühle ist die einzige Doppelschleiche, die Beine besitzt. Mit diesen gräbt sie sich durch mexikanischen Sandboden. Foto: Johannes Müller/Museum für Naturkunde Berlin

In der Nähe eines Termitenhügels setzen die Forscher ihre Schaufeln an. Stundenlang graben sie das Erdreich um. Neben Käferlarven, Spinnen und Termiten finden sie an diesem Tag nichts. Die Doppelschleichen haben sich rargemacht.

Projektleiter Johannes Müller erklärt, dass Doppelschleichen schwierig zu finden sind, da sie unterirdisch leben. Auf der Forschungsreise nach Mexiko waren er und sein Team auf der Suche nach diesen Tieren, die zwar aussehen wie ein Wurm und auch so leben, aber eigentlich Reptilien und naher Verwandte der Halsbandeidechsen sind, welche auch in Deutschland leben. Über die überwiegend beinlosen Doppelschleichen war bisher nicht viel bekannt.

Die Forscher wollten wissen, wie und wo sich die Tiere evolutionär entwickelten und auch ihre Artendiversität und Baupläne analysieren. Dazu haben die Forschenden die verwandtschaftlichen Beziehungen der noch heute leben Arten anhand ihres Erbguts untersucht und die Ergebnisse mit fossilen Daten kombiniert. Die Vorfahren der heute noch lebenden 200 Arten waren in Europa, Nord- und Südamerika und Afrika verbreitet. Dennoch lässt sich ein sehr engmaschiges Verwandtschaftsverhältnis der Arten erkennen, das Fragen aufwirft: Warum hat eine ausschließlich auf Kuba lebende Doppelschleiche eine enge Beziehung zu einer spanischen Art?

Zudem untersuchte Müller mittels Computertomographie die Anatomie der Tiere. Die Köpfe der Doppelschleichen wurden bisher als kiel-, meißel-, spatelförmig oder rundlich beschrieben. Diese bisher benutzte Kategorisierung ist jedoch zu allgemein und bildet Übergangsformen der Entwicklung nicht ab. Die Diversifikation ist an weiteren Merkmalen erkennbar. Doppelschleiche bohren sich mithilfe ihres Kopfes durch den lockeren Boden. Wie die Kopfform und Fortbewegungsweise unterscheidet sich bei den Tieren auch der Aufbau der Wirbel.

Die meisten Doppelschleichen haben keine Beine. Die Forschenden haben herausgefunden, dass sie diese unabhängig voneinander in der Evolution verloren haben. Trotzdem besitzen sie noch Schultermuskeln, die in ihrer Entwicklung somit nicht reduziert, sondern nur umgebaut wurden. Die Grundlagenforschung von Müller und seinem Team bietet eine neue Analyse und Biogeografie der Gruppe der bisher wenig erforschten Doppelschleichen.

 

Projekttitel

Evolution, Biogeographie und Fossilgeschichte der Amphisbaenia (Reptilia, Squamata)

Kooperationspartner

Universidade de São Paulo, Brasilien

Laufzeit

01.09.2012 – 31.12.2017

Finanzierung

Deutsche Forschungsgemeinschaft - DFG